Wärmepumpen im Faktencheck
Trotz zahlreicher wissenschaftlicher Widerlegungen halten sich viele unbegründete Vorurteile über Wärmepumpen hartnäckig in der öffentlichen Debatte.
Die Betrachtung erfordert jedoch Nuancen: Es handelt sich nicht um eine einfache Schwarz-Weiß-Frage, denn es muss klar zwischen den „optimalen Bedingungen“ für einen maximal effizienten Betrieb und einer „guten Funktionsweise“ in vielen gängigen Bestandssituationen unterschieden werden.
Oft basieren die Mythen darauf, dass das Fehlen dieser optimalen Voraussetzungen als Vorwand für eine pauschale und generelle Kritik an der Technologie genutzt wird.
Hier erfolgt ein erneuter Versuch, die zehn bekanntesten Mythen fundiert zu adressieren und ihre Hintergründe zu analysieren.
1. Irrtum: „Wärmepumpen funktionieren nur in Neubauten“
Fakten:
- Fangen wir mit einer Statistik an: Im Jahr 2023 wurden 365.000 Wärmepumpen in Deutschland verkauft, 85 Prozent davon in Bestandsgebäuden, nur 15 Prozent in Neubauten.
- Es gibt massive Evidenz für die effektive Arbeit von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden. Die neuesten Ergebnisse stammen aus einem Projekt des Fraunhofer ISE1. Viele weitere Projekte mit der klaren Erkenntnis, dass Wärmepumpen auch in Bestandsgebäuden sehr gut funktionieren, sind in Folge 2 unserer Serie zu finden.2
Woher kommt dieser Mythos?
Viele der entstandenen Mythen, auch der Mythos „Wärmepumpen funktionieren nur in Neubauten“, sind nach der ersten Boomphase dieser Technologie in Deutschland in den 1980er Jahren entstanden. Damals war die Technik noch nicht ausgereift und negative Beispiele haben das Vertrauen in die Wärmepumpe in Zweifel gezogen.
In den 1990er und 2000er Jahren konzentrierten sich Hersteller und Installateure auf Neubauten, weil die Planungsunsicherheit bei Bestandsgebäuden höher war und Neubauten weniger Risiko für die Installateure mit sich brachten. Zudem wird oft „optimal“ mit „notwendig“ verwechselt. Bei Neubauten mit sehr niedrigem Heizenergiebedarf und den daraus resultierenden sehr niedrigen Heizkreistemperaturen arbeiten Wärmepumpen tendenziell effizienter als in Bestandsgebäuden. Das bedeutet jedoch nicht, dass Wärmepumpen bei nicht-optimalen Bedingungen nicht funktionieren.2
2. Irrtum: „Wärmepumpen funktionieren nur mit Fußbodenheizung“
Fakten:
- Die Funktion der Wärmepumpe ist generell nicht von der Art der Wärmeübergabe abhängig. Wärmepumpen können sowohl mit Flächenheizungen (meistens Fußbodenheizung) als auch mit Heizkörpern, Gebläsekonvektoren und anderen Systemen arbeiten. Generell gilt: Je niedriger die Temperatur, die die Wärmepumpe bereitstellen muss, desto vorteilhafter für die Effizienz. Deshalb sind sogenannte Niedertemperatur-Heizkörper eine gute Option, besonders für nicht sanierte Häuser.
- Ähnlich wie beim ersten Vorurteil kann man auch hier die Felduntersuchungen zitieren (Folge 2), die eindeutig nachweisen: Wärmepumpen können sehr gut auch mit Heizkörpern arbeiten. Die beiden letzten „Bestands-Projekte“ des Fraunhofer ISE zeigen sogar, dass die erreichte Effizienz bei einigen Anlagen mit Heizkörpern höher war als bei Häusern mit Fußbodenheizung. Nicht allein das Wärmeübergabesystem ist für die Effizienz entscheidend, sondern ebenso die sorgfältige Planung, Installation, und Einstellung der Wärmepumpenanlage.
Woher kommt dieser Mythos?
Wenn man über Fußbodenheizung oder Heizkörper spricht, meint man eigentlich die Temperaturen, mit denen beide Systeme betrieben werden oder betrieben werden können. Bei Fußbodenheizungen liegt die Temperatur meistens nicht höher als 35 Grad Celsius, während Heizkörper für fossile Systeme in den meisten Häusern auf bis zu 70 Grad Celsius ausgelegt wurden. Die Wärmepumpen der Vergangenheit haben solche Temperaturen nicht erreicht.
Seit mindestens 15 Jahren ist eine Temperatur von 55 Grad keine Herausforderung mehr für eine Wärmepumpe. Eine Studie des ifeu-Instituts hat sogar einen Standard „NT (Niedertemperatur)-Ready“ vorgeschlagen3, bei dem die Heizungs-Vorlauftemperatur 55°C oder weniger beträgt. Seit einigen Jahren gibt es zudem viele Wärmepumpenmodelle auf dem Markt, die Vorlauftemperaturen von bis zu 75 Grad Celsius liefern können4.
Vielleicht hat der Fußboden-Mythos auch etwas mit der ersten in Deutschland installierten Wärmepumpe zu tun, die im Jahr 1968 von dem Wärmepumpenpionier Klemens Oskar Waterkotte installiert wurde – sie war nämlich mit einer Fußbodenheizung ausgestattet.
3. Irrtum: „Das Haus muss zuerst vollständig saniert werden“
Fakten:
- Eins ist sicher: Je weniger Heizenergie ein Haus benötigt, desto besser. Sanierungsmaßnahmen zur Heizenergieeinsparung sind daher sinnvoll – das gilt für alle Heizsysteme.
- Jedoch ist es nicht nötig, Häuser zu sanieren, um Wärmepumpen nutzen zu können. Die Monitoring-Projekte aus unterschiedlichen Ländern haben gezeigt2, dass Wärmepumpen sogar in unsanierten Häusern erfolgreich arbeiten können. Entscheidend sind die richtigen Heizkreistemperaturen. In vielen älteren Häusern sind die Heizflächen bereits überdimensioniert. Dadurch kann die Vorlauftemperatur oft gesenkt und die Wärmepumpe effizient betrieben werden.
- In manchen Fällen sind Schritte wie ein Fensteraustausch erforderlich, um die Wärmepumpe gut nutzen zu können, die Regel ist dies jedoch nicht. Relativ günstige, schnelle Maßnahmen – etwa der Austausch einzelner Heizkörper – können die Effizienz weiter verbessern. Denn moderne Heizkörper übertragen dieselbe Wärme auch bei niedrigeren Vorlauftemperaturen. Solche Maßnahmen können der erste Schritt zu einer besseren Effizienz sein.5
Woher kommt dieser Mythos?
Insgesamt basiert der Mythos auf technischen Einschränkungen der Vergangenheit, baulichen Anforderungen und teils konservativen Beratungsansätzen. Er wird jedoch durch aktuelle Forschung und Praxis klar widerlegt. Moderne Wärmepumpen sind auch in vielen unsanierten Bestandsgebäuden sinnvoll und effizient im Einsatz.
Die These, dass Häuser vor einer Wärmepumpeninstallation zuerst vollständig und sehr teuer saniert werden müssen, war eine der Kernthesen der aufgeheizten Debatte rund um das Gebäudeenergiegesetz im Jahr 2023. Viele Medien haben fälschlicherweise behauptet, dass vor der Installation einer Wärmepumpe eine massive energetische Sanierung notwendig werden. Beispielhaft sind Artikel in „Die Welt“, „Focus Online“ und der „FAZ“6 zu nennen.
4. Irrtum: „Das Haus wird nicht warm genug“
Fakten:
- Ob ein Haus „warm genug“ wird, hängt vom Haus selbst ab – genauer gesagt von den Energieverlusten des Hauses. Je höher die Verluste, desto höher der Heizenergiebedarf und desto höher müssen die Heizkreistemperaturen des Heizungssystems sein, um die Verluste auszugleichen. Alternativ müssen die Heizflächen entsprechend groß sein.
- Wie bereits bei den ersten drei Mythen beschrieben, sind moderne Wärmepumpen darauf ausgelegt, die Temperaturen zu liefern, die das Haus im Winter wie gewohnt zu beheizen. Die neueste Studie aus Großbritannien, basierend auf einer Analyse von 4.600 Häusern, kommt zu dem positiven Ergebnis, dass in weniger Fällen als bisher angenommen ein Austausch von Heizkörpern oder eine Sanierung notwendig ist.7
- Die meisten Hausbesitzenden erleben ihr Haus nach dem Wechsel auf eine Wärmepumpe mit einem höheren Komfort und “wärmer” als zuvor, da das System in der Regel gleichmäßiger und rund um die Uhr mit angenehmen Temperaturen ohne nächtliche Absenkungsschwankungen beheizt.
Woher kommt dieser Mythos?
Die Wahrnehmung von Wärme ist oft mit Wärmestrahlung verbunden. Selbst bei sehr tiefen Außentemperaturen ist uns „warm“, wenn wir vor einem Lagerfeuer sitzen oder eine heiße Tasse in unseren Händen halten. Auch in Häusern mit sehr hohen Wärmeverlusten war für die Wärmeempfindung oft eine sehr warme Stelle (wie zum Beispiel „heiße“ Heizkörper oder Kachelöfen) relevanter als eine gleichmäßige Wärme und Behaglichkeit in der gesamten Wohnung.
Die Heizung mit einer Wärmepumpe ist auf kontinuierliche und gleichmäßige Wärmeversorgung ausgelegt, was sich von klassischen Heizkesseln mit schnellem Aufheizen unterscheidet. Womöglich wird deshalb manchmal daran gezweifelt, ob ein Haus ohne Quelle mit spürbarer Wärmestrahlung „warm genug“ sein kann.
5. Irrtum: „Wärmepumpen funktionieren nicht bei Minusgraden„
Fakten:
- Die meisten Wärmepumpen in Europa sind in den kältesten Ländern eingebaut. Die skandinavischen Länder führen die Wärmepumpenstatistiken an. Zum Vergleich: Im Jahr 2024 lag der Bestand der Wärmepumpen pro 1.000 Haushalte in Norwegen bei 632, in Deutschland bei 54.
- Wärmepumpenkomponenten sind auch für sehr niedrige Temperaturen verfügbar. Entscheidend sind dabei die Kompressoren, die ohne zusätzliche technische Raffinessen bis -20 Grad Celsius einen verfügbaren, leistungsfähigen Energiegewinn garantieren.
- Mehrere Feldstudien8 wurden in extrem kalten Klimazonen durchgeführt, welche Temperaturen unter -10 °C und bis zu -30 °C betrachten. Dazu gehört eine Studie aus Alaska, die eine durchschnittliche Effizienz von 1,8 bei -35°C bestätigt.9
Woher kommt dieser Mythos?
Im Ursprung der Behauptung, dass Wärmepumpen nicht bei Minusgraden funktionieren, liegt wahrscheinlich ein grundsätzlich fehlendes Verständnis darüber, wie Wärmepumpen funktionieren. Wie kann es sein, dass eiskalte Außenluft noch als „Wärme“-Quelle bezeichnet wird? Für die energetische Betrachtung sind nicht die Celsiusgrade, sondern der sogenannte absolute Nullpunkt mit 0 Kelvin entscheidend. Alles über -273,15 °C enthält Wärmeenergie, die entzogen werden kann. Und genau diese Energie nutzen Wärmepumpen, um dank thermophysikalischer Prinzipien Wärme mit höheren Temperaturen bereitzustellen.
6. Irrtum: „Wärmepumpen sind extrem laut„
Fakten:
- Eins muss betont werden: Die Reduzierung akustischer Emissionen (allgemein als Schall bezeichnet) ist entscheidend, um die Akzeptanz von Wärmepumpen zum Heizen und Kühlen weiter zu erhöhen, und muss sehr ernsthaft behandelt werden.
- Hier hat sich viel verändert. Der Geräuschpegel wurde in den letzten 20 Jahren um ca. 10-15 dB(A) reduziert, was grob einer Halbierung der Lautstärke entspricht (mehr dazu in Folge 3 der Serie).
- Moderne Wärmepumpen sind leiser als ihr Ruf und in der Wahrnehmung nicht störend. Die Bandbreite der verfügbaren Modelle ist allerdings groß. Es gibt noch Modelle, die nicht flüsterleise sind, aber der generelle Trend geht in diese Richtung. Bei der Schallthematik wird überwiegend über Luft-Wasser-Wärmepumpen gesprochen, weil Erdwärmepumpen generell sehr wenig Geräusche verursachen.
- Die Platzierung der Wärmepumpen hat einen relevanten Einfluss darauf, wie Menschen das Gerät empfinden. Eine korrekte Aufstellung der Wärmepumpen ist zum Beispiel im “Leitfaden Schall” detailliert beschrieben.10
- Bei Bedarf gibt es zusätzliche schallreduzierende Maßnahmen, die eingesetzt werden können – sogenannte „Schallschutzhauben“ sind ein Beispiel dafür. Auch Bepflanzungen, die die Sichtbarkeit der Wärmepumpe reduzieren, senken die Wahrnehmung der Geräusche.
Woher kommt dieser Mythos?
Wärmepumpen waren in der Vergangenheit lauter als heute. Entscheidend ist beim Thema Schall, dass Menschen akustische Emissionen sehr unterschiedlich empfinden. Die Ergebnisse von Hörversuchen zur psychoakustischen Analyse zeigten11, dass neben dem Schallpegel auch andere akustische Parameter wie Lautheit, Rauheit und Schärfe die Wahrnehmung des Wärmepumpengeräusches stark beeinflussen.
7. Irrtum: „Wärmepumpen sind im Betrieb teurer als Gasheizungen“
Fakten:
- Das Gegenteil ist der Fall, in der Regel sinken die Betriebskosten mit dem Wechsel des Heizsystems signifikant.
- Um die Betriebskosten der Wärmepumpe mit einem anderen Heizsystem zu vergleichen, sind folgende Parameter notwendig: Gas- und Strompreis bzw. das Verhältnis zwischen beiden Preisen, das Verhältnis zwischen der Effizienz der Wärmepumpe und der Effizienz des Gaskessels sowie Größe und Heizenergiebedarf des Hauses.
- Da sich alle diese Parameter mit der Zeit verändern können (abgesehen von der Größe des Hauses), ist es notwendig, konkrete Werte anzunehmen.
- Für eine Beispielrechnung wurde Folgendes angenommen: (1) Die Effizienz der Wärmepumpe entspricht den Mittelwerten aus der Felduntersuchung in Bestandsgebäuden1 von 3,4; (2) eine durchschnittliche Effizienz des Gaskessels von 90 Prozent; und (3) ein nicht oder nur geringfügig saniertes Haus mit 150 m² und einem Heizenergiebedarf von 150 kWh/m² pro Jahr. Als Quelle für die Preise wurden die mittleren Preise für Neukunden aus dem Energiemonitor „Die Zeit“, aktualisiert am 16.11.2025, herangezogen – Strompreis 23,6 Cent pro kWh und Gaspreis 8,6 Cent pro kWh.
- Mit den getroffenen Annahmen sind die Betriebskosten mit der Wärmepumpe um 588 Euro pro Jahr günstiger als mit einem Gaskessel. In der Vergangenheit haben diese Werte stark variiert. Besonders zu Beginn des Krieges in der Ukraine lagen die Ersparnisse bei bis zu 4.000 Euro.
- Langfristig ist eher davon auszugehen, dass der Gaspreis aus unterschiedlichen Gründen steigen wird. Gleichzeitig kann man den Strompreis positiv beeinflussen – etwa durch die Nutzung flexibler Stromtarife oder durch die Nutzung einer eigenen Photovoltaikanlage.
Woher kommt dieser Mythos?
Im Vergleich zum Ausland sind in Deutschland die Strompreise relativ hoch und die Gaspreise relativ niedrig. Im ersten Halbjahr 2025 war der Strom in Deutschland laut Eurostat-Daten12 sogar am teuersten. Die Gaspreise lagen zur selben Zeit im Mittelfeld. Damit ist das Strom-zu-Gas-Verhältnis für die Wärmepumpe ungünstig. In der Vergangenheit, vor dem Jahr 2022, waren die Gaspreise noch niedriger, was zu einer negativen Bilanz der Wärmepumpen geführt hat.
Ein Teil der Behauptung, dass die Gasheizung günstiger ist, rührt auch von falschen Annahmen über die Effizienzwerte der Wärmepumpe im Bestand. Wie bereits in Folge 2 beschrieben2 ist die reale Effizienz höher als oft behauptet.
8. Irrtum: „Wärmepumpen sind im Betrieb nicht klimafreundlich wegen Stromverbrauch“
Fakten:
- Die CO₂-Einsparung durch den Einsatz elektrisch betriebener Wärmepumpen hängt von zwei Faktoren ab: der CO₂-Intensität des Stroms und der Effizienz der Wärmepumpe. Der erste Faktor gibt an, wie „sauber“ die elektrische Energie erzeugt wird, d.h. wie viel Gramm Kohlendioxid bei der Bereitstellung einer Kilowattstunde Strom emittiert werden. Dieser Wert variiert zwar zwischen unterschiedlichen Regionen und im zeitlichen Verlauf, es lassen sich aber aussagekräftige Mittelwerte angeben.
- Je nach Quelle und Art der Statistikbildung hat die öffentliche Nettostromerzeugung in Deutschland im Jahr 2024 einen Rekordanteil erneuerbarer Energien von rund 60 Prozent erreicht.13 Der deutsche Strommix war so sauber wie noch nie. Damit sind auch die Emissionswerte so niedrig wie noch nie. Pro Kilowattstunde des in Deutschland verbrauchten Stroms wurden im Jahr 2024 bei der Erzeugung durchschnittlich 363 Gramm CO₂ ausgestoßen.14
- Die letzte Fraunhofer ISE Studie1 errechnet, dass Wärmepumpen den CO₂-Ausstoß im Schnitt um 64 Prozent gegenüber Gasheizungen reduzieren (basierend auf den Feldergebnissen), wenn man die dynamische, viertelstündliche Berechnung des deutschen Strommixes heranzieht – nur vier Prozentpunkte weniger als bei der statischen Berechnung mit 68 Prozent.
- Der Einsatz von Wärmepumpen führt zu einer deutlichen CO₂-Emissionsminderung gegenüber fossil betriebenen Heizungssystemen wie z.B. Gaskesseln. Mit dem Zubau erneuerbarer Stromerzeugung werden sich diese Einsparungen noch verstärken.
Woher kommt dieser Mythos?
Historisch betrachtet gab es eine Phase, in der eine Wärmepumpe ungefähr eine Effizienz von 3,0 erreichen musste, um mit dem damaligen Strommix ökologisch einem Gaskessel überlegen zu sein. Damalige Wärmepumpen haben in Felduntersuchungen gerade diese Effizienz als Mittelwert erreicht. Mit heutigen Emissionswerten muss die Effizienz bei ungefähr 1,5 liegen – selbst sehr schlecht laufende Wärmepumpen erreichen deutlich bessere Werte. Abgesehen davon liegen die heutigen mittleren Effizienzen signifikant höher.
9. Irrtum: „Wärmepumpen sind nur für Einfamilienhäuser geeignet, nicht für Mehrfamilienhäuser“
Fakten:
- Es gibt eine enorme Anzahl an Beispielen, die den Einsatz von Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern eindrucksvoll belegen. Viele findet man in der Datenbank der Fallstudien, die im Rahmen des internationalen Projektes „Annex 62“ gesammelt wurden. Ende 2025 beinhaltet die Datenbank knapp 100 Beispiele aus mehreren Ländern.
- Noch eine Statistik: In Frankreich ist die Anzahl der Wärmepumpen in neu gebauten Mehrfamilienhäusern in nur fünf Jahren von 4 Prozent im Jahr 2018 auf 45 Prozent im Jahr 2023 gestiegen.15
- Der Einsatz von Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern ist jedoch noch weniger verbreitet als in Einfamilienhäusern und damit auch weniger standardisiert.
- Die Hauptgründe dafür sind zum einen technischer, zum anderen energetischer Natur: Die Anbindung der Wärmequelle ist bei Mehrfamilienhäusern aufwendiger als bei Einfamilienhäusern. Zudem sind höhere Vorlauftemperaturen erforderlich – insbesondere für die Warmwasserbereitung – da die Wärmeverluste in größeren Gebäuden höher ausfallen.
Woher kommt dieser Mythos?
Die These, dass Wärmepumpen nicht für Mehrfamilienhäuser geeignet sind, basiert vor allem darauf, dass sie tatsächlich deutlich mehr bei Einfamilienhäusern verbreitet sind. Zusätzlich sind die technischen Lösungen zwar bereits vorhanden, aber noch nicht geläufig, ausreichend standardisiert und verbreitet. Sowohl die Forschung als auch die Industrie verändern diese Situation gerade rasant. Ein gutes Beispiel dafür ist das groß angelegte Projekt „LCR290“16, das unter anderem den Austausch von Gasetagenheizungen fokussiert.
10. Irrtum: „Der Heizstab läuft sehr oft und verursacht hohe Stromkosten“
Fakten:
- Heizstäbe sind ein sinnvoller Bestandteil jeder Luft-Wasser-Wärmepumpenanlage und dienen dazu, die Anlagen nicht unnötig überdimensionieren zu müssen. Ab einer bestimmten Temperatur (dem sogenannten Bivalenzpunkt) unterstützen die Heizstäbe die Wärmepumpe oder übernehmen sogar die Wärmebereitstellung für jedoch wenige Stunden im Jahr. Diese Momente sind allerdings sehr selten und haben bei korrekt ausgelegten, installierten und eingestellten Wärmepumpen kaum einen Einfluss auf die Gesamteffizienz und damit auch nur einen geringen Einfluss auf die Betriebskosten.
- Heizstäbe können ebenfalls im Fall eines Wärmepumpenausfalls als (Not-)Heizgerät dienen.
- In den Felduntersuchungen (Folge 2)2 wurde allgemein nachgewiesen, dass Heizstäbe extrem selten arbeiten. Bei den meisten Anlagen wurde kein Betrieb festgestellt. Der durchschnittliche Anteil der Heizstäbe am gesamten Stromverbrauch beträgt weniger als 2 Prozent und ist mit dem Anteil für Steuerung und Regelung vergleichbar. Selbst in der kältesten gemessenen Periode haben nur vereinzelte Heizstäbe gearbeitet.
Woher kommt dieser Mythos?
Die „Angst vor den Heizstäben“ resultiert wahrscheinlich aus der Zeit, als Wärmepumpen nicht die notwendige Leistung und/oder Temperaturen bereitstellen konnten und die Lücke mit Heizstäben geschlossen wurde. Dies mindert die Vorteile der Wärmepumpenanlage, verringerte die mittlere Effizienz und verschlechterte die Wirtschaftlichkeit. Von den Kinderkrankheiten der Wärmepumpen in den 1980er Jahren sind wir allerdings nicht nur zeitlich, sondern auch technisch weit entfernt.
Fazit
Die hier dargestellten zehn Mythen zeigen: Viele Vorurteile über Wärmepumpen beruhen auf veralteten Informationen, historischen Schwachstellen aus der Vergangenheit, Missverständnissen oder gezielter Desinformation. Eine sachliche Auseinandersetzung mit den Fakten lohnt sich für alle, die eine fundierte Heizungsentscheidung treffen wollen.
- D. Günther et al., „WP-QS im Bestand: Entwicklung optimierter Versorgungskonzepte und nachhaltiger Qualitätssicherungsmaßnahmen für Wärmepumpen im EFH-Bestand,“ Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg, Abschlussbericht, Okt. 2025. ↩︎
- Heatpumpswatch.org. (2025). 20 Jahre Feldstudien: Wärmepumpen effizient im Altbau. Abruf am 25.11.25 unter https://heatpumpswatch.org/de/20-jahre-feldstudien-waermepumpen-effizient-im-altbau/ ↩︎
- ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg. (2021). Energieeffizienz als Türöffner für erneuerbare Energien im Gebäudebereich – Endbericht. Im Auftrag des Verbandes für Dämmsysteme, Putz und Mörtel e.V. (VDPM). Heidelberg. ↩︎
- Bani Issa, A. A., Liang, C., Groll, E. A., & Ziviani, D. (2025). Residential heat pump and air conditioning systems with propane (R290) refrigerant: Technology review and future perspectives. Applied Thermal Engineering, 266, 125560. ↩︎
- Innovation4e. (24. Februar 2021). Muss ein Haus saniert werden, damit eine Wärmepumpe installiert werden kann? Innovation4e Blog. Abruf am 16.11.25 unter https://blog.innovation4e.de/2021/02/24/muss-ein-haus-saniert-werden-damit-eine-waermepumpe-installieren-kann/ ↩︎
- Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). (4. Januar 2023). Was man beim Einbau von Wärmepumpen im Altbau beachten muss. FAZ.NET. ↩︎
- Childs L, Bennett G, Watson S, Wilson G. Predicting the heat pump readiness of existing heating systems in the UK using diagnostic boiler data. Building Services Engineering Research & Technology. 2025;46(2):157-175. doi:10.1177/01436244241306591 ↩︎
- Gibb, D., Rosenow, J., Lowes, R., & Hewitt, N. J. (2023). Coming in from the cold: Heat pump efficiency at low temperatures. Joule, 7(9), 1939-1942. https://doi.org/10.1016/j.joule.2023.08.005. ↩︎
- Shen, Bo, et al. Finalize field testing of cold climate heat pump (CCHP) based on tandem vapor injection compressors. No. ORNL/TM-2017/176. Oak Ridge National Lab.(ORNL), Oak Ridge, TN (United States). Building Technologies Research and Integration Center (BTRIC), 2017. ↩︎
- Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V., BWP-Leitfaden Schall: Rechtssichere und akzeptierte Aufstellung von Luft/Wasser-Wärmepumpen, Berlin 2021 ↩︎
- Reichl, C. (Hrsg.). (2021). Acoustic Signatures of Heat Pumps (Report no. HPT-AN51-1). AIT Austrian Institute of Technology GmbH. Annex 51. ↩︎
- Euronews. (13. November 2025). Strom- und Gaspreise in Europa: Welche Länder sind am teuersten? Euronews. Abruf am 16.11.2025 unter https://de.euronews.com/business/2025/11/13/strom-und-gaspreise-in-europa-welche-lander-sind-am-teuersten ↩︎
- Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE). (2025). Öffentliche Stromerzeugung 2024: Deutscher Strommix so sauber wie nie. Pressemitteilung. Abruf am 16.11.2025 unter https://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2025/oeffentliche-stromerzeugung-2024-deutscher-strommix-so-sauber-wie-nie.html ↩︎
- Nienaber, C.B., von Bredow, H., 2025. Wechselwirkungen der mehrfachen Förderung von Biomasse in unterschiedlichen europäischen und/oder nationalen Klimaschutzinstrumenten, Climate Change. Umweltbundesamt. https://doi.org/10.60810/openumwelt-7599 ↩︎
- Bati Etude Observatoire. (o. J.). Observatoire [Online-Portal]. Abruf am 16.11.2025 unter https://www.batietude.com/observatoire.php ↩︎
- LCR290 European Partnership. (o. J.). LCR290.eu [Online-Portal]. Abruf am [Aktuelles Datum] unter https://lcr290.eu/ ↩︎